Der Erna- und Ernst-Blunck-Fonds

Es sind immer wieder einzelne hervorragende Persönlichkeiten gewesen, die sich aus tiefer innerer Überzeugung in den Dienst einer Sache gestellt haben. Das im Jahre 1990 verstorbene Architekten-Ehepaar Ernst und Erna Blunck gehört dazu. Sie haben der Stiftung Herzogtum Lauenburg ihr gesamtes Vermögen per Erbvertrag zugewendet, um damit sicherzustellen, dass geeignete Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege der bedrohten Natur im Sinne der Satzung der Stiftung ergriffen werden. Seitdem arbeitet die Stiftung unermüdlich an der Erfüllung dieses Anliegens. Mit dem nachfolgenden Beitrag von Günther Meienberg, den wir dem im Jahre 1987 erschienenen Band 13 der Schriftenreihe der Stiftung Herzogtum Lauenburg entnommen haben, lässt sich am besten dokumentieren, wie es damals zu dieser Weichenstellung gekommen ist.

„Durch den freien Blick in die Weite konnte man die Landschaft und die Natur in sich aufnehmen. Die Natur mit allen Lebewesen, Pflanzen, Sträuchern und Bäumen war noch eine Einheit, so wie Gott sie geschaffen hatte. Nichts störte, eine harmonische Vollkommenheit lag über der Landschaft unserer Heimat“, erinnert sich der heute vierundachtzigjährige Architekt Ernst Blunck an seine Kindheit und Jugend im Holsteinischen und im Lauenburger Land. Dieser vollkommene Eindruck sei nur möglich gewesen, weil der Mensch mit der Landschaft eng verwachsen gewesen sei und sie liebevoll gepflegt habe. Landschaft und Dörfer seien eine Einheit gewesen. Dieses alles gehöre der Vergangenheit an; das dörfliche Leben werde nie wieder so sein. Er glaube nicht an eine Erneuerung, meint Blunck. Anders sei es mit der Natur und der heimatlichen Landschaft. Hier könne es gelingen, größere Bereiche wieder in den natürlichen Zustand zu bringen. Die Bereitschaft dazu sei in den letzten Jahren in der Bevölkerung gewachsen. Ernst Blunck verbringt seinen Lebensabend mit seiner Frau Erna in Buchholz bei Ratzeburg. Das vor 20 Jahren gebaute Haus passt sich hervorragend der Landschaft an. Haus, Garten und der landschaftliche Übergang zum Ratzeburger See stellen ohne scharfe Konturen und harte architektonische Eingriffe eine Einheit dar. Ein großer Heidegarten, der zu allen Jahreszeiten und verschiedenen Beleuchtungen farblich einen interessanten Eindruck gewährt, hat über die Grenzen des Kreises Herzogtum Lauenburg hinaus das Interesse der Experten und Fachpresse gefunden. Zahlreiche tropische und subtropische Orchideen in einem Gewächshaus faszinieren den Besucher durch wunderbare, herrlich geformte Blüten gerade in der dunklen Jahreszeit bei Eis und Schnee.

Der 1903 als neuntes Kind eines Bauunternehmers in Wandsbek geborene Ernst Blunck hat früh gelernt, mit der Natur zu leben, und sorgfältig mit ihr umzugehen. Die Eltern sind sehr naturverbunden. Auf langen Wanderungen lernen die Kinder Bäume, Sträucher, Pflanzen und Blumen kennen. So können sie sehr früh eine Rotbuche von einer Weißbuche unterscheiden und bekommen ein Gespür für den Charakter der einzelnen Landschaften und ihre natürlichen Gegebenheiten. Ernst Blunck entschließt sich, Architekt zu werden. Sehr jung, mit 24 Jahren, wird er 1927 Mitarbeiter von Karl Schneider, dem Avantgardisten und sensiblen Provokateur auf der Seite des „Neuen Bauens im Hamburg der zwanziger Jahre“. 1933 eröffnet er als freischaffender Architekt sein eigenes Büro in Wandsbek; 1940 geht er nach Lübeck. Dort ist Blunck bis zu seinem Ruhestand tätig.

Die Liebe zur Natur teilt Ernst Blunck mit seiner Frau Erna. Auf vielen Wanderungen in Schleswig-Holstein und der Lüneburger Heide haben beide mit offenen Augen und Ohren die Schönheiten der Natur in sich aufgenommen. Dabei finden die Heide- und Trockengebiete ihr ganz besonderes Interesse. „Es ist uns bewusst geworden“, sagt Ernst Blunck, „was eine heile Natur für die Menschen bedeutet, ja man kann sagen, alles Leben hängt für die Menschen, Tiere und Pflanzen davon ab.„ Ende der siebziger Jahre macht sich das kinderlose Ehepaar Blunck Gedanken, was nach ihrem Ableben mit dem irdischen Besitz geschehen soll. So reift die Absicht, einen aktiven Beitrag zum Schutz der bedrohten Natur zu leisten und das in vielen Jahren erarbeitete Vermögen in einen hierfür zu schaffenden Fonds einzubringen.

In den Jahren 1975/76 ist zunächst daran gedacht, eine „Erna- und-Ernst-Blunck-Stiftung zur Erhaltung und Pflege der bedrohten Natur“ ins Leben zu rufen. Nach langen Beratungen und Diskussionen mit Freunden wird hiervon jedoch wieder Abstand genommen. An einem kalten Winterabend im Februar des Jahres 1979 ergeben sich bei einem Informationsabend im Dorf Buchholz die ersten Kontakte zur Stiftung Herzogtum Lauenburg. Daraus entwickelt sich die Absicht, den Nachlass als Sondervermögen in die Stiftung einzubringen und als „Erna-und-Ernst-Blunck-Fonds zur Erhaltung und Pflege der bedrohten Natur“ zu bezeichnen. Am 21. April 1979 ist es dann soweit. Im Herrenhaus Steinhorst unterschreibt das Ehepaar Blunck in Anwesenheit des Präsidenten der Stiftung Herzogtum Lauenburg, Dr. Uwe Barschel, sowie des Vizepräsidenten, Dr. Karl Josef Ballhaus, einen entsprechenden Erbvertrag. Der Vertrag sieht vor, dass die Stiftung Herzogtum Lauenburg den Nachlass als Sondervermögen zu verwalten hat. Die Erträge aus dem Erna-und-Ernst-Blunck-Fonds sollen ausschließlich zur Erhaltung und Pflege der bedrohten Natur im Sinne der Stiftungssatzung verwendet werden. Dabei sieht der Vertrag insbesondere vor:
1. Zur Erhaltung und Pflege der bedrohten Natur sind ökologisch bedeutsame und naturnahe Landschaftsteile, wie es extreme Feucht- oder Trockengebiete sein können, als Biotope zu erhalten. Dieses soll durch Ankauf und systematische biotopgerechte Pflege solcher Landschaftsteile erfüllt werden. Es soll dafür gesorgt werden, dass die betreuten Gebiete nicht durch Maßnahmen gefährdet werden, die von außen schädigend einwirken können.
2. In besonderen Fällen können auch Einzelmaßnahmen zur Erhaltung und Ausbreitung heimischer Tier- und Pflanzenarten sowie deren Wiederansiedlung durchgeführt werden.
Ein eigens eingesetzter Beirat, dem neben Vertretern der Stiftung Herzogtum Lauenburg auch ein Mitglied des World Wildlife Fund angehört, werden über die besondere Verwendung des Vermögens entscheiden. Wenige Bedingungen sind an den Erbvertrag geknüpft. So hat die Stiftung das Grundvermögen zu erhalten und zu vermehren. Sie kann den Grundbesitz des Ehepaares Blunck in Erbpacht vergeben, muss jedoch den zum Grundstück in Buchholz gehörenden Park erhalten.

Ferner hat die Stiftung die Aufgabe, das ehrende Andenken an Erna und Ernst Blunck zu wahren. „Einen Schritt von hoher sittlicher Qualität“ nannte seinerzeit Dr. Uwe Barschel, Präsident der Stiftung Herzogtum Lauenburg, den Entschluss des Ehepaares. Im Laufe der folgenden Jahre sind die Bluncks auch von den zahlreichen kulturellen Aktivitäten der Stiftung zum Wohle ihrer lauenburgischen Heimat, der Städte und Dörfer sehr beeindruckt. Sie beschließen daher durch einen Änderungsvertrag vom 16. April 1981, dass zehn Prozent der Erträge aus dem Erna-und-Ernst-Blunck-Fonds vorab für kulturelle Zwecke im Sinne der Stiftungssatzung verwendet werden dürfen. Ernst und Erna Blunck sind Mitglied im Kuratorium der Stiftung Herzogtum Lauenburg und nehmen seit vielen Jahren an den Aktivitäten der Stiftung zum Wohle der Kultur und der schönen lauenburgischen Naturlandschaft teil. Dabei findet die beachtliche Zunahme von Heide- und Trockenrasenflächen im Eigentum der Stiftung ihr ganz besonderes Interesse. Viele Bürger sind heute besorgt über die zunehmende Umweltzerstörung und die Bedrohung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Verbale Besorgnis genügt jedoch nicht; die Sprache, die unsere Natur versteht, ist allein die Tat. Es wird daher auch in Zukunft darauf ankommen, dass immer wieder Mitbürger bereit sind, ihr persönliches Engagement und ihre finanziellen Möglichkeiten uneigennützig zum Wohle unserer bedrohten Natur zur Verfügung zu stellen. Der Erna- und-Ernst-Blunck-Fonds mag hierfür als moralisches Denkmal und Beispiel für besonders selbstloses und nachahmenswertes Verhalten dienen. Die Stiftung Herzogtum Lauenburg, die in den zehn Jahren ihres Bestehens bewiesen hat, dass es möglich ist, viele Kräfte für die Kultur und Natur im Kreise Herzogtum Lauenburg zu mobilisieren, ist ein würdiger Partner, in Zukunft das Erbe des Ehepaares Bluncks weiterzuverwalten.“

(Der Text ist einem Beitrag von Günther Meienberg in dem im Jahre 1987 herausgegebenen Band 13 der Schriftenreihe der Stiftung Herzogtum Lauenburg „Zehn Jahre Stiftung Herzogtum Lauenburg“ unter dem Titel „Der Erna- und Ernst-Blunck-Fonds“ entnommen.)